Digitale Mündigkeit entlang der Bildungskette
Partner des Projekts „Die Mü(c)ke“
Förderer des Projekts „Die Mü(c)ke“
Zusammenfassung
Das NwT-Bildungshaus der Hochschule Esslingen möchte die bereits sehr gut etablierte MINT-Region durch ein institutionenübergreifendes Netzwerk im Bereich der non-formalen und formalen Bildung erweitern. Zentrale Aufgabe im Bereich der non-formalen Bildung ist der Aufbau eines Netzwerkes zur Durchführung von Veranstaltungsreihen im öffentlichen Raum, das den Grad und die Breite der technischen Mündigkeit breiter Bevölkerungsschichten erhöht. Im Bereich der formalen Bildung steht der Transfer von bereits an Göppinger Schulen etablierten Lehr-Lern-Projekten an weitere Schulen im Mittelpunkt. Der Ausbau und die Erweiterung der bestehenden MINT-Region werden somit durch die Bündelung von Ressourcen und Expertisen sowie die Nutzung von Komplementaritäten im Hinblick auf den gesellschaftlichen Mehrwert vorangetrieben, um so die Angebote stärker in der Gesellschaft zu verankern.
Projektziele
Ziel des Verbundantrages ist es, das bestehende Netzwerk der MINT-Region „NwT-Bildungshaus“ durch ein institutionenübergreifendes Netzwerk zu erweitern, dessen maßgebliche Aufgabe in zwei Themenfelder untergliedert werden kann. Zum einen sollen non-formale Bildungsangebote entwickelt und angeboten werden, um die persönliche und soziale Bildung für ein breites Spektrum der Gesellschaft zu verbessern. Es wird angestrebt, möglichst umfassend alle Aspekte und Auswirkungen der Digitalisierung zu thematisieren und zu diskutieren. Dabei soll bei den Bedürfnissen der „Lernenden“ angesetzt werden, um altersgerecht Lebensfertigkeiten und technische Mündigkeit zu vermitteln, so dass gerade bei Kindern und Jugendlichen bereits in jungen Jahren eine fundierte Vorbereitung auf eine Rolle als aktive Bürgerinnen und Bürger erfolgt. Um eine gute Zugänglichkeit zu gewährleisten und die Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten, wird auf die Stadtbibliotheken als „gesellschaftlicher Resonanzraum“ und Veranstaltungsort gesetzt. Zum anderen soll insbesondere die Sichtbarkeit der bereits vorhandenen formalen Bildungsangebote entlang der Bildungskette erhöht werden, um damit mittelfristig eine deutlich größere räumliche Ausdehnung der bereits bestehenden Angebote zu erreichen. Ein wesentlicher Aspekt wird hier die Unterstützung von und der Austausch über Lehrprojekte sein, die bereits heute im Regelunterricht, in Arbeitsgemeinschaften oder in der Ganztagesbetreuung in Kooperation mit Kindergärten und Schulen durch das NwT-Bildungshaus durchgeführt werden.
Die bestehende Vernetzung und der bereits erfolgte Transfer der Strukturen ist sehr gut auf weitere Institutionen und breitere gesellschaftlich relevante Themenfelder aus dem Bereich der Technik übertragbar. Wieso aber „Technik“, wenn es doch um zunehmende Digitalisierung geht, bzw. „Digital Skills“? Häufig wird der Begriff Digitalisierung allein mit der rasanten Entwicklung im Softwarebereich assoziiert. Das Thema umfasst aber gleichermaßen die Seite der erforderlichen Hardware und damit die Kenntnisse zur Ansteuerung derselben. Ohne Verständnis für und Kenntnisse im Bereich der klassischen Technik, ist eine wachsende Automatisierung, Vernetzung und Digitalisierung nicht denkbar. Die anstehenden vielfach als disruptiv eingeschätzten Veränderungen in Handwerk und Industrie müssen einer breiteren Schicht in unserer Gesellschaft vermittelt und nähergebracht werden. Dabei darf die Diskussion nicht einseitig, d.h. zu Technik lastig geführt werden. Gerade für die Generationen Y und Z – und in hohem Maße für den weiblichen Anteil dieser Altersklassen – sind gesellschaftliche und ethische Aspekte zukünftiger Technologien von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen mehr denn je den kritischen Blick auf die Technik und die technische Müdigkeit in einer immer komplexer werdenden Welt, da nur dann auch die erforderliche Akzeptanz für neue technische Errungenschaften in der Gesellschaft erreicht werden kann. An dieser Stelle setzt das Projekt „DieMü(c)ke“ an. Über die Bildung eines institutionenübergreifenden Netzwerks unter Einbindung der Stiftung Weltethos, von Stadtbibliotheken, Volkshochschulen und weiteren Einrichtungen der Hochschule soll im Vorhaben ein Netzwerk entstehen, welches einen Transfer der sehr vielfältigen Facetten und Aspekte technischer Errungenschaften in einer digitalen Zukunft gewährleisten soll. Fachvorträge, Diskussionsrunden, Mitmachangebote, Workshops, … sollen bewusst im öffentlichen Raum niederschwellig breite Bevölkerungsschichten ermuntern, sich ein Bild über die unterschiedlichen Aspekte von digitalen Technologien und Errungenschaften zu machen. Nur der frühzeitige differenzierte Blick auf „das Neue“ wird dazu führen, dass sich gerade junge Menschen aktiv und fundiert für oder auch gegen technische Errungenschaften zum Wohle der Gesellschaft einsetzen werden.
Denn die Digitalisierung ist nicht einfach eine weitere Effizienzsteigerung unseres Wirtschaftens. Sie ist die größte Veränderung unseres Wirtschaftens seit zweihundertfünfzig Jahren und, damit verbunden, ein Lebens- und Wertewandel in welthistorischer Dimension. Kritiker sprechen, vom „größten flächendeckenden und kulturübergreifenden Anschlag auf die Freiheit des Individuums in der Moderne” (R. D. Precht). Oder wie es der ehemalige Google-CEO Eric Schmidt 2011 auf den Punkt brachte: „Wir wissen, wo Du bist. Wir wissen, wo Du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber Du nachdenkst.” Was dies alles bedeutet oder bedeuten kann, darüber wird in der gesamtgesellschaftlichen Breite noch zu wenig diskutiert. Dies gilt sowohl für uns als deren zukünftige Nutzer, dies gilt aber vor allem auch für jene, die diese Technologien entwickeln und in Zukunft entwickeln werden.
Natürlich spielt hier auch die spätere Berufswahl eine entscheidende Rolle. Studien zeigen beeindruckend, wie wichtig hierbei der Einfluss und die Meinung der Eltern sind. Insofern ist es zwingend erforderlich, gerade in eher bildungsfernen Schichten, nicht nur die Kinder und Jugendlichen durch entlang der Bildungskette abgestimmte Programme über Technik zu informieren und im Idealfall dafür zu begeistern, sondern auch die Eltern einzubeziehen und mitzunehmen. Eine wesentliche weitere Zielgruppe im Vorhaben sind Erzieher*innen und Lehrkräfte. Bereits etablierte und zukünftige Lehrkräfte agieren als Multiplikatoren. Aktuell gibt es in unserem wenig durchlässigen und stark versäulten Bildungssystem zu wenige Kooperationen zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen für formale und non-formale Bildungsangebote. Die Welten der unterschiedlichen Institutionen sollen im Rahmen des Projekts deutlich enger miteinander verzahnt werden, um auf diese Weise die heranwachsende Generation besser für die künftige – uns teilweise noch unbekannte – Berufs- und Lebenswelt vorzubereiten. Im Rahmen des Vorhabens sollen bestehende Berührungsängste und Vernetzungsbarrieren abgebaut werden.
Der zweite Schwerpunkt des Vorhabens liegt in der Verbreitung bereits bestehender Programmangebote im Bereich der formalen Bildung. Im beantragten Vorhaben soll der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) als Katalysator zur Gewinnung weiterer Personen zur Betreuung von Schulprojekten dienen. Durch die Einbindung des VDE wird eine zielgerichtete Ansprache einer hohen Anzahl von Personen, die potenziell für die Übernahme eines Projektes an ihren ehemaligen Schulen in Betracht kommen, erreicht.
Ziel des Vorhabens ist, nicht zuletzt über die Verbesserung der technischen Mündigkeit der Adressaten, die räumliche Ausdehnung des bestehenden MINT-Netzwerks „NwT-Bildungshaus“ zu vergrößern. Aktuell liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten eindeutig im Großraum Göppingen, wobei bereits heute vereinzelt Projekte in anderen Städten und Landkreisen durchgeführt werden. Die Einbindung des „Katalysators“ VDE sollte zu einem Zuwachs engagierter Projektbegleiter*innen führen, so dass die räumliche Expansion nicht durch zu geringe Personalressourcen gebremst wird. Durch die Ergänzung eines non-formalen Bildungsangebotes wird auf eine deutliche Erhöhung der Sichtbarkeit gesetzt, so dass eine schnellere Expansion des Wirkungskreises zu erwarten ist. Parallel hierzu soll für das Thema Digitalisierung eine Plattform gebildet werden, die einen breiteren und vielschichtigen Diskurs zu diesen Themenkomplex initiiert.